Verteidigung gegen Hydra Market Daten
In einer großangelegten Polizeiaktion wurde am 05. April 2022 die Serverinfrastruktur des Darknet-Marktplatz „Hydra Maket“ abgeschaltet und sichergestellt. In Zusammenarbeit der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main – Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) – und des Bundeskriminalamts (BKA) soll damit der weltweit größte Darknet-Marktplatz geschlossen worden sein. Im Rahmen der Maßnahmen wurden Bitcoins in Höhe von derzeit umgerechnet ca. 23 Mio. EUR sichergestellt. Entsprechende Ermittlungen wurden seit August 2021 unter Beteiligung mehrerer US-amerikanischer Behörden geführt. Das Verfahren richtet gegen bislang unbekannt Administratoren und Betreiber der genannten Plattform. Es besteht unter anderem der Verdacht des gewerbsmäßigen Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet, des gewerbsmäßigen Verschaffens oder Gewährens einer Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln sowie der gewerbsmäßigen Geldwäsche.
Die Maßnahmen richten sich gegen eine beeindruckende Vielzahl an Personen. So sollen auf dem Marktplatz ca. 17 Millionen Kundenkonten und über 19.000 Verkäuferkonten registriert gewesen sein. Nach Einschätzung des BKA handelte es sich damit um den weltweit umsatzstärksten Darknet-Handelsplatz. Der Umsatz soll alleine im Jahre 2020 mindestens 1,23 Mrd. Euro betragen haben. Eine zentrale Rolle soll der von der Plattform bereitgestellte Dienst „Bitcoin Bank Mixer“ gespielt haben, über den die Verfolgbarkeit von Bitcoin-Zahlungsflüssen erschwert worden sein soll.
Schon früher gab es vergleichbare Maßnahmen gegen Betreiber entsprechender Handelsplätze. So erfolgte bereits 2013 die Schließung des Dienstes Silk Road durch US-Strafverfolgungsbehörden. Im Rahmen der multinationalen verdeckten Operation Bayonet wurde 2017 auf die Darknet-Märkte AlphaBay und Hansa zugegriffen.
Anders als in diesen Verfahren soll sich die Serverinfrastruktur im aktuellen Fall in Deutschland befunden haben. Haftbefehle gegen einzelne Personen, die als Betreiber in Betracht kommen, wurden bisher nach hiesigen Informationen noch nicht vollstreckt.
Die Maßnahmen und die Offenlegung des Verfahrens dürften nur einen Zwischenschritt im Rahmen der Ermittlungen darstellen. In den kommenden Monaten wird die Auswertung der sichergestellten Daten erfolgen. Welchen Aussagewert diese haben, ist derzeit noch nicht abzusehen. Die Behörden werden versuchen, Betreiber, Nutzer und Verkäufer zu identifizieren und Straftaten zu konkretisieren. Es ist absehbar, dass es zu zahlreichen Ermittlungsverfahren gegen einzelne Personen kommen wird.
Eine wichtige Rolle wird im Rahmen der Ermittlungen das Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet vom 12. August 2021 spielen. Mit diesem Gesetz wurden ab dem 01. Oktober 2021 die strafrechtlichen Regelungen ergänzt und der Straftatbestand des Betreibens krimineller Handelsplattformen im Internet, § 127 StGB geschaffen. Mit dieser Strafvorschrift werden bestimmte solcher Handlungen mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, in besonders schweren Fällen bis zu zehn Jahren bedroht.
Häufige Fragen // FAQ
Gesetzestext § 127 StGB
(1) Wer eine Handelsplattform im Internet betreibt, deren Zweck darauf ausgerichtet ist, die Begehung von rechtswidrigen Taten zu ermöglichen oder zu fördern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist. Rechtswidrige Taten im Sinne des Satzes 1 sind
1. Verbrechen,
2. Vergehen nach
a) den §§ 86, 86a, 91, 130, 147 und 148 Absatz 1 Nummer 3, den §§ 149, 152a und 176a Absatz 2, § 176b Absatz 2, § 180 Absatz 2, § 184b Absatz 1 Satz 2, § 184c Absatz 1, § 184l Absatz 1 und 3, den §§ 202a, 202b, 202c, 202d, 232 und 232a Absatz 1, 2, 5 und 6, nach § 232b Absatz 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 232a Absatz 5, nach den §§ 233, 233a, 236, 259 und 260, nach § 261 Absatz 1 und 2 unter den in § 261 Absatz 5 Satz 2 genannten Voraussetzungen sowie nach den §§ 263, 263a, 267, 269, 275, 276, 303a und 303b,
b) § 4 Absatz 1 bis 3 des Anti-Doping-Gesetzes,
c) § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, auch in Verbindung mit Absatz 6, sowie Absatz 2 und 3 des Betäubungsmittelgesetzes,
d) § 19 Absatz 1 bis 3 des Grundstoffüberwachungsgesetzes,
e) § 4 Absatz 1 und 2 des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes,
f) § 95 Absatz 1 bis 3 des Arzneimittelgesetzes,
g) § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe b und c, Absatz 2 und 3 Nummer 1 und 7 sowie Absatz 5 und 6 des Waffengesetzes,
h) § 40 Absatz 1 bis 3 des Sprengstoffgesetzes,
i) § 13 des Ausgangsstoffgesetzes,
j) § 83 Absatz 1 Nummer 4 und 5 sowie Absatz 4 des Kulturgutschutzgesetzes,
k) den §§ 143, 143a und 144 des Markengesetzes sowie
l) den §§ 51 und 65 des Designgesetzes.
(2) Handelsplattform im Internet im Sinne dieser Vorschrift ist jede virtuelle Infrastruktur im frei zugänglichen wie im durch technische Vorkehrungen zugangsbeschränkten Bereich des Internets, die Gelegenheit bietet, Menschen, Waren, Dienstleistungen oder Inhalte (§ 11 Absatz 3) anzubieten oder auszutauschen.
(3) Mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer im Fall des Absatzes 1 gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.
(4) Mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer bei der Begehung einer Tat nach Absatz 1 beabsichtigt oder weiß, dass die Handelsplattform im Internet den Zweck hat, Verbrechen zu ermöglichen oder zu fördern.
Wie ist der weitere Verlauf der Ermittlungen?
Bin ich von den Ermittlungen betroffen?
Wie kann die Verteidigung gegen solche Vorwürfe erfolgen?
Wir sind Strafverteidiger.
kpw ist eine bundesweit tätige Rechtsanwaltskanzlei in Berlin. Jeder Anwalt hat sich von Beginn auf das Gebiet des Strafrechts konzentriert. Als Mandant profitieren sie von unserer jahrzehntelangen Erfahrung aus zahllosen Strafverfahren und unserer gebündelten Kompetenz als Strafverteidiger. Dies betrifft insbesondere zahreiche Fälle des IT-Strafrechts, in denen wir verteidigen. Wir befassen uns mit der Thematik im bundesweiten Diskurs. Unsere Expertise im IT-Strafrecht ist inbesondere zu Themen des IT-Strafrechts als Referenten auf Fortbildungen und Tagungen gefragt. Im Rahmen einer ersten Beratung klären wir mit Ihnen die Verfahrenssituation, zeigen Handlungsoptionen auf und informieren über die Kosten einer möglichen Beauftragung unserer Rechtsanwaltskanzlei. Wir sind eng mit mehreren im IT-Strafrecht tätigen Kanzleien vernetzt und können im Rahmen dieser Kooperation für ausgewählte Fälle ein hochspezialisiertes Team skalieren.
Aktuelle Fortbildungen unserer Kanzlei
04./05.09.2020:
Bad Saarower Tage „Verteidigung mit und gegen IT“
24.06.2021:
EncroChat & Sky ECC global: Verteidigung gegen digitale Beweismittel aus länderübergreifenden „Staats-Hacks“ (RA Kai Kempgens und RA Dr. Toralf Nöding)
12./13.11.2021:
RA Kai Kempgens als Referent auf dem 38. Herbstkolloquium der AG-Strafrecht in Leipzig zum Thema „Encrochat – technische und rechtliche Aspekte“